Einmal angenommen, wir sind Verkäufer in einem Elektromarkt in der Abteilung für TV-Flachbildschirme.
Je besser es uns gelingt, die Kunden einzuschätzen, desto gezielter können wir auf die Interessenten eingehen und desto mehr TV-Flachbildschirme werden wir verkaufen können.
Halten wir uns im Umgang mit unseren Kunden die Bedürfnispyramide von Maslow vor Augen und überlegen, welche Stufen der Pyramide Triebfeder sind, um sich für TV-Flachbildschirme zu interessieren:
1. Die Grundbedürfnisse
(Nahrung, Wohnung …) der interessierten Ladenbesucher sind höchstwahrscheinlich weitgehend erfüllt. Zudem hat ein Elektrofachmarkt naturgemäß weder Lebensmittel noch Immobilien im Angebot. Die erste Stufe hat somit für uns keine Bedeutung.
2. Die Sicherheits- und Schutzbedürfnisse
(Existenzsicherung, Risikovorsorge …) werden die TV-Interessenten selbst wahrscheinlich als weitgehend erfüllt ansehen, um sich für diesen Luxusartikel interessieren zu können. Dennoch kann die 2. Stufe in Bezug auf die Preisgestaltung eine gewichtige Rolle spielen:
- Das Bedürfnis nach Sicherung der Existenz
wird bei niedrigen Preisen und bei Kunden mit kleinem Geldbeutel ausgeglichen und ist ein zusätzliches Verkaufsargument.
3. Die sozialen Bedürfnisse
bergen gute Ansatzpunkte, die für die Verkaufsargumentation entscheidend sein können:
- Bedürfnis nach Kommunikation, wie beispielsweise visuelle Botschaften durchs TV
- Informationsbedürfnisse (Neugier, Sensationslust) werden durch Nachrichten und Klatsch und Tratsch im TV befriedigt
- Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit (Herdentrieb): Jeder im Bekanntenkreis hat einen Flachbildschirm. Jetzt muss ich auch so einen haben
4. Die Geltungsbedürfnisse
sind ebenfalls sehr starke Auslöser für das Interesse an unseren TV-Schirmen. Durch den Erwerb eines Flachbildschirms möchte unser Kunde in vielen Fällen unbewusst erreichen, dass
- sein Prestige weiter steigt
- er von anderen bewundert wird
- er an Bedeutung gewinnt
- und sein Image aufgebessert wird
5. Die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung
lassen sich kaum mit dem Kauf eines Flachbildschirms in Verbindung bringen. Daher hat diese Stufe für uns im TV-Verkauf keine Bedeutung.
Mit Leichtigkeit andere durchschauen
Weil wir die Bedürfnispyramide sorgfältig durchgearbeitet haben, können wir schon gut vorhersehen, aus welchen Gründen die Interessenten höchstwahrscheinlich unser TV-Geschäft aufsuchen.
Oft sind die Gründe dem Kunden selbst nicht bekannt, weil sie ihm nicht bewusst sind. Und oft werden die tatsächlichen Gründe verschleiert, weil sie dem Kunden unangenehm sind.
Im Kundengespräch holen wir uns Gewissheit:
Ein Kunde interessiert sich für Flachbildschirme und führt für sein Kaufinteresse die bessere Bildqualität ins Feld. Gleichen wir das Argument mit unserer Bedürfnispyramide ab, so könnte es beispielsweise sein, das durch den Kauf die Informationsbedürfnisse noch besser befriedigt werden können.
Um uns Klarheit zu verschaffen, Fragen wir gezielt, ob sich unser Kunde von der Bildqualität von TV-Flachbildschirmen bereits im Freundes- und Bekanntenkreis überzeugt hat. „Gerade vor einem Monat hat sich mein Nachbar einen 90er Flachbildschirm gekauft“ erhalten wir sogleich als entlarvende Antwort.
Treffsichere und durchschlagskräftige Argumentation mit Menschenkenntnis
Jetzt wissen wir: Es geht um den Herdentrieb (der Nachbar hat, ich muss auch) und in erster Linie um Prestige und Zugewinnung von Bedeutung in der Nachbarschaft (Geltungsbedürfnisse).
Wenn wir jetzt unseren Kunden mit technischen Details (Pixel, Luminanz) langweilen, würden wir ihm mit Sicherheit keinen Bildschirm verkaufen.
Da wir ihm jedoch aufgrund unserer Analyse – und daher mit Menschenkenntnis – zielgenau mehr Prestige verkaufen werden, werden die Bedürfnisse unseres Kunden befriedigt und unsere Umsatzbilanz wird weiter gesteigert.
Wir suchen nun den passenden Bildschirm aus (größer und besser als der des Nachbarn) und argumentieren mit dem Herdentrieb (sozialen Bedürfnisse), den Geltungsbedürfnissen, dem Bedürfnis nach Existenzsicherung und greifen gleichzeitig den Kundenwunsch nach höherer Bildqualität mit auf.
Eine zielgenaue und schlagkräftige Argumentation an den TV-Kunden könnte so aussehen:
„Der Trend (Trend = Herdentrieb: Jeder der dazugehören möchte, macht das auch) geht zu einer immer höheren Bildqualität (Eingangsargument des Kunden). Hier haben wir das neueste Modell, das gerade vor wenigen Tagen auf den Markt gekommen ist (Geltungsbedürfnisse: Neuerer und besserer Bildschirm als der des Nachbarn) und das eine riesige Bildschirmdiagonale von 120 (Geltungsbedürfnisse: Größerer Bildschirm als der des Nachbarn) bei höchster Bildqualität (Kundenargument) bietet. Dazu ist der Preis dank Einsatz neuester Technologie nicht gestiegen, sondern nochmals weiter gesunken (niedriger Preis = Bedürfnis nach Existenzsicherung).“
Setzen wir so zielsicher unsere Verkaufsargumentation ein, wird sich wohl kaum ein Kunde dem Kaufabschluss entziehen können – zum beiderseitigen Nutzen.
Fazit
Mit Menschenkenntnis aus der Bedürfnispyramide tappen wir nicht länger im Dunkeln. Ab sofort haben wir nutzbringende Klarheit und Transparenz im Umgang mit unseren Mitmenschen.
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